Austretendes Gas, starke Hitze oder Stromausfall: In welchen Gefahrensituationen würden sich Menschen auf das Warnsystem ihres Smart Homes verlassen? Das fragten sich Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen des LOEWE-Zentrums emergenCITY. Das Ergebnis ihrer Studien zeigt, je größer die Gefahr, desto eher sind Menschen bereit, dem intelligenten Zuhause die Entscheidung über die richtige Reaktion, zum Beispiel das automatische Schließen der Fenster und Türen, zu überlassen. Am 4. März wurden die Ergebnisse im Fachjournal „Proceedings of the ACM on Interactive, Mobile, Wearable and Ubiquitous Technologies“ veröffentlicht.

Das Smart Home der Zukunft bietet Komfort und Bequemlichkeit. Es heizt die Zimmer rechtzeitig vor der Heimkehr automatisch auf, es fährt die Rollläden bei Sonne herunter oder bestellt Lebensmittel, wenn der Kühlschrank leer ist. Aber es kann auch die Sicherheit seiner Bewohnerinnen und Bewohner erhöhen. Am LOEWE-Zentrum emergenCITY, einer interdisziplinären Forschungskooperation der Technischen Universität Darmstadt, der Universität Kassel und der Philipps-Universität Marburg, untersuchen Wissenschaftler:innen, welchen Beitrag Smart Homes leisten können, um die Bevölkerung in Krisen und Katastrophen zu warnen sowie auf Gefahren zu reagieren.

Ein Smart speaker im Smart Home, das eHUB genannt wird.
© emergenCITY/Gerd Keim

Smart Speaker warnten die Bewohnerinnen und Bewohner des Smart Homes akustisch.

„Während Einzelgeräte wie Rauchwarnmelder die Bewohner vor bestimmten Gefahren warnen, bietet die Integration in umfassende Smart-Home-Warnsysteme das Potential für mehr Sicherheit, da Bauteile auf der Grundlage von vordefinierten Protokollen auf Bedrohungen reagieren können“, erklärt Markus Henkel, Wissenschaftler bei emergenCITY und im Fachgebiet Wissenschaft und Technik für Frieden und Sicherheit PEASEC an der TU Darmstadt. Zudem sei ein Vorteil eines Smart Homes, dass es neben der Weitergabe offizieller Behördenwarnungen auch vor lokalen Gefahren warnen kann.

Akzeptanz für Automatisierung bei Gefahr höher als im Alltag

Zusammen mit den Darmstädter Forschenden Steffen Haesler, Hiba Al-Najmi, Frank Hessel und Christian Reuter konnte er zeigen, dass Menschen bereit sind, einem Smart Home zu vertrauen, insbesondere dann, wenn große Gefahren drohen. „Dann akzeptieren sie höhere Automatisierungen als im Alltag“, sagt Markus Henkel. Die Forschenden simulierten vier unterschiedliche Gefahrensituationen in einem energieautarken Smart Home, dem „eHUB“, das auf dem Campus Lichtwiese der TU Darmstadt steht. Die 48 Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Studie erhielten drei unterschiedliche Handlungsmöglichkeiten, von der einfachen Anweisung bis zur vollautomatischen Ausführung durch das Haus.

Blick in das Smart Home eHUB mit rot leuchtendem Handlauf am Treppengeländer.
© Hiba Al-Najmi

Am Treppengeländer des Smart Homes leuchtete bei einer Warnmeldung der Handlauf rot auf.

In der höchsten Gefahren- und Automatisierungsstufe hörten sie beispielsweise zunächst Sirenenalarm aus dem Smart Speaker, sahen rotblinkende Glühbirnen sowie Lichtstreifen am Handlauf eines Treppengeländers. Zusätzlich ertönte eine virtuelle Stimme aus dem Smart Speaker: „Ein Gasleck wurde in der Umgebung gefunden. Alle Türen und Fenster werden automatisch geschlossen.“ Anschließend schloss das Smart Home automatisch Fenster und Türen. In der niedrigsten Stufe erhielten die Teilnehmenden nur den Hinweis Fenster und Türen zu schließen.

Smart Home reagiert automatisch auf Gefahren wie Hitze und Stromausfall

Weitere Gefahren waren starke Hitze im Raum, bei der das Haus frische Luft von außen hereinließ, außerdem ein simulierter Stromausfall, bei dem es dank Photovoltaik weiterhin Strom lieferte, aber auch unnötige Stromverbraucher, wie Deckenleuchten oder Ventilator ausschaltete sowie trockene Blumenerde, bei der es die Blumen selbst goss. Die höchste Automatisierung fand bei der größten Gefahr die höchste Zustimmung. Bei weniger dringenden Gefahren wollten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer selbst entscheiden, was zu tun ist.

In einer Folgestudie fanden die Forschenden heraus, dass fehlerhafte Reaktionen des Hauses die Entscheidung, Smart-Home-Warnsystemen komplett zu vertrauen, beeinflussen.

„Um die Akzeptanz dieser Systeme zu erhöhen, müssen sie individuell anpassbar sein“, ergänzt Markus Henkel.

Um mehr über die Gestaltung solcher Warnsysteme herauszufinden, untersuchen die Wissenschaftler in weiteren Studien unter anderem auch, welche Anforderungen Menschen mit Beeinträchtigungen an diese Systeme stellen.

Publikation

Markus Henkel, Steffen Haesler, Hiba K. Al-Najmi, Frank Hessel, and Christian Reuter. 2025. The House That Saves Me? Assessing the Role of Smart Home Automation in Warning Scenarios. Proc. ACM Interact. Mob. Wearable Ubiquitous Technol. 9, 1, Article 5 (March 2025), 32 pages. https://doi.org/10.1145/3712269

Weitere Informationen

Mission eHUB: https://www.emergencity.de/de/missions/ehub/

Video über das eHUB

Video über das eHUB an der TU Darmstadt