Trinkwasser ist das wichtigste und zugleich ein unersetzliches Lebensmittel. Dennoch bleiben die Verfügbarkeit und Zugänglichkeit von Wasser eine globale Herausforderung: Rund 2 Milliarden Menschen weltweit haben keinen sicheren Zugang zu sauberem Trinkwasser. Und selbst in Ländern, in denen die Trinkwasserversorgung als selbstverständlich gilt, können Krisensituationen dazu führen, dass Teile der Bevölkerung nur eingeschränkt Zugang dazu haben.

Im Workshop „Resilienz der Trinkwasserversorgung – Welche Aspekte sollte man als ein:e Ingenieur:in mitdenken?“, den Michaela Leštáková im Rahmen der Jahrestagung des Deutschen Ingenieurinnenbundes vom 15. bis 17.11.2024 in Frankfurt am Main gehalten hat, haben sich die Teilnehmer:innen mit der Trinkwasserversorgung in Krisensituationen in Deutschland auseinandergesetzt.

Resilienz definieren

Im ingenieurwissenschaftlichen Kontext beschreibt der Begriff Resilienz die Fähigkeit eines Systems, mit unerwarteten Gefahren umzugehen und deren Folgen zu bewältigen 1. Manche Autor:innen definieren Resilienz genauer: Ein resilientes technisches System garantiert auch in Störungsfällen ein vordefiniertes Minimum an Funktionalität und ermöglicht die Wiederherstellung der ursprünglichen Funktionalität 2.

Im Workshop haben wir die verschiedenen Facetten der Resilienzdefinition diskutiert. Ein zentraler Aspekt war dabei die Frage, wie die minimale Funktionalität eines technischen Systems festgelegt werden kann. Diese Festlegung impliziert oft eine Reduzierung der bereitgestellten Wassermengen an die Verbraucher:innen. Die Sicherstellung der Resilienz eines technischen Systems erfordert somit auch die Stärkung der individuellen und sozialen Resilienz der Verbraucher:innen, also der Bevölkerung.

Anforderungen planen

Im interaktiven Teil des Workshops haben wir uns intensiv mit diesen Aspekten auseinandergesetzt. Anhand eines Fallbeispiels – einer plötzlichen Unterbrechung der Wasserversorgung in Frankfurt am Main – versetzten sich die teilnehmenden Ingenieurinnen in die Rolle von Planerinnen. Ihre Aufgabe war es, ein Tool zur optimalen Ersatz- und Notwasserversorgung zu entwickeln. In einer Brainstorming-Session wurden Anforderungen für eine möglichst gerechte, leitungsungebundene Notwasserversorgung erarbeitet. Dabei wurde schnell klar, dass die Lösung solcher komplexen Herausforderungen nur durch eine interdisziplinäre Zusammenarbeit effektiv angegangen werden kann, wie wir sie aus emergenCITY kennen.

Die wichtigsten Anforderungen an die Notwasserversorgung stellte die Erreichbarkeit der Ausgabestellen dar. Die Teilnehmerinnen haben vorgeschlagen, sich dabei an Schulen zu orientieren, da Schulen oft sehr gut erreichbar sind. Ein weiterer wichtiger Punkt war die Diversifizierung der Wasserquellen, etwa durch die Nutzung von Regenwassersammlung, um die Resilienz gegenüber Wasserknappheit zu erhöhen.

Zudem kam der Vorschlag auf, eine App zu entwickeln, die Nachbarschaftshilfe oder die Organisation eines Hol- und Bring-Services erleichtert, um insbesondere mobilitätseingeschränkte Menschen zu unterstützen. Diese Idee gehört bereits zu den in emergenCITY adressierten Themen, die z.B. in der Mission ReSON bearbeitet wurde und zu der Entwicklung von PairSonic geführt hat.

Abschließend zeigt der Workshop, wie wichtig es ist, die Resilienz der Trinkwasserversorgung aus unterschiedlichen Perspektiven zu betrachten. Insbesondere die interdisziplinäre Zusammenarbeit und der Austausch von Ideen spielen eine zentrale Rolle, um den komplexen Anforderungen in Krisensituationen gerecht zu werden. Formate wie dieser Workshop verdeutlichen die Relevanz von gemeinsamer Planung und Reflexion, um nachhaltige und umsetzbare Strategien für die Zukunft zu schaffen.

Über die Autorin

Michaela Leštáková forscht am Institut für Fluidsystemtechnik der TU Darmstadt zur Resilienzbewertung von co-abhängigen urbanen Wasserversorgungsnetzen. Bei emergenCITY forscht die Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Programmbereich Cyber-Physische Systeme.