Mit dem Internationalen Tag der Katastrophenvorsorge (International Day for Disaster Risk Reduction) am 13. Oktober erinnern die Vereinten Nationen daran, wie wichtig es ist, Katastrophen zu verhindern oder deren negative Auswirkungen zu verringern. Es ist ein Anliegen, das auch die mehr als 90 Wissenschaftler:innen im LOEWE-Zentrum emergenCITY im Blick haben. Aus diesem Anlass stellt emergenCITY zwei aktuelle Forschungsprojekte zu den Themen historische Wahrnehmung und Bewältigung von Hochwasserereignissen sowie resiliente Wasserversorgungssysteme kurz vor.

Nadja Thiessen, wissenschaftliche Mitarbeiterin bei emergenCITY im Programmbereich Stadt und Gesellschaft, beschäftigt sich mit der historischen Katastrophenforschung. Sie hat sich Hochwasser und Starkregenereignisse in verschiedenen Städten in der Vergangenheit angeschaut und festgehalten, wie Hochwasser in der Geschichte wahrgenommen wurde und welche Strategien Menschen im 19. und 20. Jahrhundert entwickelten, um sich zu schützen. Im vorigen Jahr erschien ihr Buch „Gefährdung städtischer Infrastruktur durch Hochwasser. Wahrnehmungen und Bewältigungsstrategien in Mannheim und Dresden 1918–1989“ in der Reihe zur Historischen Katastrophenforschung bei DeGruyter.

Historisches Hochwasserwissen für Zukunft nutzen

Aktuell arbeitet sie an einem Aufsatz zu den Auswirkungen des Rheinausbaus mittels Staustufen auf die Hochwasserlage in Mannheim. Zudem forscht sie gemeinsam mit Wissenschaftler:innen der Katastrophenforschungsstelle der Freien Universität Berlin zu Starkregenereignissen in Berlin im 19. und 20. Jahrhundert. Auf dem von der Volkswagenstiftung geförderten Symposium „Wasser als öffentliche Angelegenheit – Water Literacy“ vom 9. bis 11. Oktober präsentierte sie in einem Vortrag historisches Hochwasserwissen.

„Mein Anliegen ist es, durch die Hinweise auf vergangene Ereignisse ein Bewusstsein für kommende Lagen zu schaffen“, sagt Nadja Thiessen. „Überall wo Wasser war, kann es wieder hinkommen – und die Klimakrise wird dies zuspitzen. Wir sollten alles, was wir an Informationen über historische Hochwasser finden können, bei der Ausarbeitung von Vorsorge-, Schutz- und Risikokonzepten mitdenken und uns nicht nur auf die zwar sicheren, aber viel zu kurzen Zeitreihen der Pegelmessstationen oder der Starkregendatenbank verlassen.“

Resilienz städtischer Wasserversorgung

Wie städtische Wasserversorgungssysteme in Extremsituationen zum Beispiel durch Dürreperioden und Starregenereignisse weiterhin sicher funktionieren können, untersuchen Kevin Logan und Michaela Leštáková, wissenschaftliche Mitarbeiter:innen im emergenCITY-Programmbereich Cyber-Physische Systeme.

Die urbane Wasserversorgung ist ein großes technisches System und weist Merkmale komplexer Systeme auf. In ihrer Forschung untersuchen die beiden Wissenschaftler:innen, welche Strukturmerkmale des Versorgungsnetzes dazu beitragen, dass die Versorgungssicherheit auch bei Gefahr, kritischen Ereignissen und Schäden gegeben ist. Dazu analysieren und optimieren sie existierende Netzwerke. Anschließend setzen sie die Systeme mit angepassten Versorgungsnetzen in Simulationen Gefährdungen und kritischen Ereignissen aus, um bewerten zu können, wie resilient sie sich verhalten.

Aus Störungen lernen

Anpassungsfähigkeit ist ein zentrales Merkmal resilienter Systeme. „Deshalb entwickeln wir Regler, die Störungen identifizieren und ihre Zielgrößen an veränderte äußere Umstände anpassen können“, erklärt Kevin Logan. „Mit Methoden des maschinellen Lernens können diese Regler aus vergangenen Störungen lernen und ihre Reaktion entsprechend anpassen sowie zukünftige Störungen antizipieren. Diese Regler werden an einem maßgeschneiderten Versuchsaufbau experimentell validiert.“

„Was uns auszeichnet, ist das Bewusstsein, dass ein urbanes Wasserversorgungssystem immer ein sozio-technisches System ist. Deshalb betrachten wir in Multiagentensimulationen die Interaktion von Menschen mit dem technischen System der Wasserversorgung, um den Beitrag der Verbraucher:innen zur Resilienz des Versorgungssystems zu quantifizieren“, ergänzt Kevin Logan.

Mehr zu den Wissenschaftler:innen und ihrer Forschung:

Nadja Thiessen

Kevin Logan

Michaela Leštáková

Internationaler Tag der Katastrophenvorbeugung

In diesem Jahr liegt der Fokus des International Day for Disaster Risk Reduction der Vereinten Nationen auf der jüngsten Generation. Ziel ist es Kinder für eine resiliente Zukunft zu stärken. Denn immer mehr Katastrophen bedrohen Kinder und Jugendliche. 2022 war beispielsweise die Zahl der von Überschwemmungen betroffenen Kinder im Tschad, in Gambia, Pakistan und Bangladesch die höchste seit über 30 Jahren. Deshalb sollten auch Kinder in den Katastrophenschutz einbezogen werden.

Mehr dazu unter: https://iddrr.undrr.org/

Pressemitteilung des BBK anlässlich des Internationalen Tags der Katastrophenvorbeugung